Markt für Dialyseleistungen verändert sich
Der Nukleus, an dem sich der DBAG Fund VII im Mai 2019 beteiligt hatte, ist in den vergangenen zwei Jahren kräftig gewachsen: Nachdem im Januar 2020 in Fürth bereits ein drittes Dialysezentrum erworben wurde, hat operasan im Zuge der Ausgründung vor dem Jahresende im Dezember 2020 in Nürnberg ein weiteres Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Nephrologie erworben. Inzwischen versorgt operasan rund 300 Patienten regelmäßig. Das Wachstum soll weitergehen. Ziel ist ein Verbund, der mindestens 2.000 Patienten versorgt – nicht nur in eigenen Medizinischen Versorgungszentren, sondern auch in Kooperation mit niedergelassenen Ärzten.
Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern
Dieses Ziel wollen die DBAG und der DBAG Fund VII mit erfahrenen Partnern erreichen. Dr. Jürgen Kämper, der Vorsitzende der Geschäftsführung, und Jörg Fischlein, operasan-Finanzgeschäftsführer, sind seit mehr als 20 Jahren im Dialyse-Umfeld erfolgreich aktiv. Sie haben ein dichtes Netzwerk aufgebaut und kennen diesen besonderen Markt. Vor allem: Sie genießen einen guten Ruf unter den Ärzten, die Dialyse-Praxen betreiben. Zusammen haben beide zwischen 2006 und 2013 schon einmal erfolgreich ein Buy-and-build-Konzept für Dialysepraxen umgesetzt. Innerhalb von sechs Jahren hatten sie mit Via Medis eine Plattform geschaffen, die in elf Nierenzentren 800 Patienten versorgte und einen Umsatz von 24 Millionen Euro im Jahr erzielte. Ein strategischer Investor hatte die Via Medis Nierenzentren GmbH 2013 erworben.
90.000 Dialysepatienten in Deutschland
Rund 90.000 Dialysepatienten gibt es gegenwärtig in Deutschland. Es sind vor allem die Volkskrankheiten Diabetes und Bluthochdruck, die behandlungsbedürftige Nierenkrankheiten auslösen. Die Zahl der Patienten ist in den vergangenen Jahren mit rund einem Prozent jährlich gewachsen. Ein höheres Gesundheitsbewusstsein der jüngeren Bevölkerungsgruppen lässt hoffen, dass dieses Wachstum mittelfristig gestoppt und die Entwicklung langfristig sogar in die entgegen gesetzte Richtung gelenkt werden kann. Zunächst wird die demografische Veränderung allerdings dafür sorgen, dass diese Wachstumsrate in den kommenden Jahren wohl unverändert bleibt.
Ein stärkerer Impuls für das Wachstum der Gruppe wird aus dem Zukauf bestehender Dialysepraxen kommen. Der Grund: Neue Praxen dürfen in Deutschland aufgrund regulatorischer Vorgaben schon seit mehr als zehn Jahren nicht gegründet werden.
Strukturelle Veränderungen im Medizinsektor: Nachfolge auch unter Ärzten wichtiger Faktor
Chancen für die Übernahme bestehender Praxen gibt es durchaus: Ähnlich wie in der Radiologie ist auch die Ausstattung einer Dialysepraxis kapitalintensiv. „Wir sprechen hier von einem kleinen mittelständischen Unternehmen“, erläutert Dr. Kämper. Um 100 Patienten betreuen zu können, sind 20 Mitarbeiter nötig, eine Gebäudefläche von 1.500 Quadratmetern und eine Ausstattung mit entsprechend vielen Dialysegeräten. „Junge Ärzte und Ärztinnen haben heute oft eine andere Vorstellung von ihrer Berufstätigkeit als die Generation zuvor – mit der Rolle ,halb Arzt, halb Unternehmer‘ und dem entsprechenden Risiko können sie sich immer weniger anfreunden.“ Und so will operasan unter den rund 600 Praxen niedergelassener Ärzte in Deutschland jene für sich gewinnen, bei denen ein Generationenwechsel ansteht.
„Wir haben eine gut gefüllte Pipeline“, berichtet Dr. Kämper. Mitte des Monats wurde der Verkauf eines weiteren MVZ in Göttingen vereinbart, in dem 160 Patienten behandelt werden. Mit dem Eigentümer einer weiteren Praxis – mit rund 70 Patienten – werden bereits Gespräche geführt. Diese würde einen bestehenden Standort in Brake gut ergänzen.
Die Vorteile eines Praxisverbundes liegen auf der Hand: Der Einkauf von Geräten und Verbrauchsmaterialien erfolgt zu besseren Konditionen, die Overheadstrukturen eines Unternehmens verteilten sich auf mehrere Einheiten. Zu diesen Kostenvorteilen kommen organisatorische Verbesserungen, wenn die Praxen in einem regionalen Cluster liegen, wie etwa in der Region Nürnberg – dort betreibt operasan bereits drei Praxen. „In einer solchen Konstellation können wir speziellere Verfahren anbieten, wie etwa eine Dialyse über Nacht, die sich allein aus dem Patientenstamm einer einzelnen Praxis nicht darstellen lassen“, so Dr. Kämper. Auch auf der Personalseite wird die Flexibilität verbessert.
Bessere Versorgung durch Dialyse daheim
Hinzu kommt das, was man eine „Verbreiterung des Produktangebots“ nennen kann: operasan will eine leistungsfähige Struktur für die Förderung und Durchführung der Heimdialyse aufbauen. Das DBAG-Portfoliounternehmen übernimmt die Verantwortung für die Dialyse gegenüber den Patienten, den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie entlastet die kooperierenden Ärzte von sämtlichen organisatorischen und administrativen Aufgaben, so dass diese sich auf die ärztliche Arbeit fokussieren können. Dabei werden alle Verfahren der Heimdialyse berücksichtigt, die der Hämodialyse wie auch die der Bauchfelldialyse: Bei dieser Therapieform müssen Patienten nicht mehr mehrfach in der Woche an ein Dialysegerät angeschlossen werden – ein großer Gewinn an Lebensqualität. Die Versorgung von Patienten in deren häuslichen Umfeld steht ebenso im Vordergrund der Arbeit wie die Versorgung in speziell dafür qualifizierten Einrichtungen der stationären Pflege und der Seniorenbetreuung.
Notwendig ist ein eng geknüpftes und effizient organisiertes Netzwerk ärztlicher Einrichtungen, Krankenhäuser, ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen, Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, Apotheken und Pharmaunternehmen sowie der zuliefernden Industrie.
operasan will ein solches Netzwerk aufbauen, organisieren und betreiben; es soll den Namen dialyse@home tragen. Der Anteil der Heimdialyse soll dadurch in Deutschland innerhalb von zehn Jahren auf mehr als 20 Prozent gesteigert werden.
Die DBAG hat an der Seite des DBAG Fund VII (einschließlich des Top-up Fund) bisher rund 3,2 Millionen Euro in operasan investiert; weitere Mittel können im Zuge des Ausbaus der Plattform fließen. Der DBAG Fund VII hält rund 71 Prozent an operasan, davon entfallen rund 13 Prozentpunkte auf den Anteil der DBAG. Weitere Gesellschafter sind das Management des Unternehmens und eine Managementberatung für Digitalisierung. 2021 plant operasan einen Umsatz von rund 13 Millionen Euro.
„Mit der Beteiligung an operasan wächst unser Engagement im Wachstumssektor Healthcare“, erläutert Lucas Herbert, Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortlicher Deal Captain, die Transaktion, „mit operasan investieren in einem stabilen Markt und in einem berechenbaren Umfeld“, so Herbert weiter. „Zugleich tragen wir auch in diesem Bereich dazu bei, Nachfolgesituationen zielführend zu lösen – und mit den Ressourcen einer größeren Gruppe eine gute Versorgung für die Patienten zu sichern.“