Die makroökonomische Gemengelage, einen Nachfolger zu finden, gleichzeitig Wachstum zu generieren, Arbeitsplätze zu sichern, die Digitalisierung voranzutreiben und das alles unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten – der Mittelstand steht zweifellos vor großen Herausforderungen. Sicherlich nicht das Allheilmittel, jedoch lassen sich diese und andere Aufgaben gemeinsam mit einem starken Finanzpartner meistern. Worauf aber sollten mittelständische Unternehmer achten, wenn es um die Frage nach dem „richtigen“ Investor geht?
Thomas Weber, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Beteiligungs AG und verantwortlich für den Bereich Business Development, gibt Einblicke aus seinem Tagesgeschäft und erklärt, worauf es ankommt.
Der deutsche Mittelstand steht auch 2024 weiterhin vor schwierigen Aufgaben. Zusätzlich zur angespannten geopolitischen Lage und den makroökonomischen Herausforderungen müssen Unternehmen bei der Digitalisierung aufholen und auch im Bereich ESG stehen Investitionen an. Wie kann ein Investor hier unterstützen?
Grundsätzlich verhält es sich so, und die Praxis aus unserem Alltag beweist dies auch, dass anspruchsvolle Marktsituationen vielversprechende Gelegenheiten zum Wachstum bieten. Ferner ist es auch fair zu sagen, dass Herausforderungen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit als Treibstoff für potenzielles Wachstum dienen. Wieso? Nur schwer überwindbare Hindernisse, wie beispielsweise Transformationsprozesse hin zur Digitalisierung, die dazu führen können, dass Markteilnehmer ausscheiden. Die Unternehmen, die bestehen, zählen zum harten Kern einer Branche und werden naturgemäß Ihren Marktanteil vergrößern. Und das ist auch der Bogen zu einem Private-Equity-Investor wie der DBAG. Wir haben diese und andere Prozesse seit unserer Gründung vor nunmehr fast 60 Jahren mehrfach durchlaufen und das in Dimensionen unterschiedlichster Magnitude. Die mehr als 400 eingegangen Beteiligungen bilden das Fundament unseres breiten Erfahrungsschatzes, von dem der Mittelstand profitiert. Diese Erfahrung kommt im Rahmen eines interdisziplinären Dreiklangs aus smartem Kapital, einem Team aus Investment Professionals sowie handverlesenen Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Industrien und Branchen zum Tragen. Gemeinsam knüpfen wir an das erfolgreiche Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens an, erarbeiten eine Wertsteigerungsstrategie und setzen diese mit dem Management auch um – beispielsweise durch unseren proprietären Buy-and-build-Ansatz, durch den wir entweder mittels Konsolidierung oder Komplementierung das Potenzial des Unternehmens heben. Neben der inhaltlichen Komponente in Form von Erfahrung greifen wir als DBAG auch auf eine breite Klaviatur möglicher Finanzierungsinstrumente zurück. So können wir im Rahmen von Private-Equity-Investments Beteiligungen in der Größenordnung von zehn bis 220 Millionen Euro bewerkstelligen. Darüber hinaus sind wir imstande, Investitionen mit Mitteln aus unserer eigenen Bilanz zu stemmen und durch die mehrheitliche Übernahme der ELF Capital Group schließen wir die Lücke zwischen Private Equity und Private Debt. Das macht uns zu dem Finanzierungspartner für den Mittelstand und einer Plattform mit holistischen Finanzierungsmöglichkeiten.
Private Equity hat sich als probater Partner durchgesetzt, das merkt man unter anderem anhand des wachsenden Volumens und der absoluten Zahl an Transaktionen. Wie sieht diese Entwicklung im Detail aus und vor allem, wie erklären Sie sich das?
Das kann ich absolut so unterschreiben – Private Equity ist endgültig im Mittelstand angekommen. Es handelt sich hierbei allerdings um eine Entwicklung, die sich über viele Jahrzehnte, und das insbesondere in Deutschland, gezogen hat. 2004 gab es 20 MBO-Transaktionen mit einem Volumen von knapp 2 Milliarden Euro; 2020 waren es bereits 34 MBOs, also 70 Prozent mehr. Und, auch wenn ich mir das Volumen anschaue, kann unsere Branche eine sehr spannende Entwicklung darlegen, denn im gleichen Zeitraum wuchs das Transaktionsvolumen um mehr als 92 Prozent. Nach der von der DBAG und dem Fachmagazin Finance durchgeführten Buy-out-Markt-Studie haben Finanzinvestoren im Jahr 2023 34 Transaktionen mit einem Volumen von 3,9 Milliarden Euro strukturiert. Liest man zwischen den Zeilen, wird eines schnell klar: Private Equity überzeugt mit smartem Kapital, einem kompetenten und erfahrenen Team und vor allem mit Vertrauenswürdigkeit. Und speziell Letzteres ist neben harten Euros die wahrscheinlich wichtigste Währung in unserem Geschäft; dies wird nochmals deutlich, in Hinblick auf die Nachfolgesituation. Wir sprechen hier von etwa 3,8 Millionen Mittelständlern in Deutschland, von denen laut einer KfW-Studie rund 560.000 eine Nachfolgeregelung bis 2026 anstreben. Zudem ziehen 45 Prozent aller Mittelständler einen externen Käufer in Betracht; dieser Wert unterstreicht nochmals die hohe und steigende Akzeptanz von Private Equity im Mittelstand. Und das ist auch gut so, bedenkt man, dass die womöglich größte Herausforderung für den Mittelstand der Mangel an geeigneten Nachfolgekandidaten ist. Dieser Umstand wird getrieben durch die geburtenschwachen Jahrgänge. Insofern gibt es wenig Nachwuchs, gleichzeitig aber einen hohen Bedarf. Dass etwa ein Drittel aller mittelständischer Unternehmer mittlerweile 60 Jahre oder älter ist, kommt noch dazu. Dieser Wert ist drei Mal so hoch wie noch vor 20 Jahren und einer der Anknüpfungspunkte für die DBAG. In enger Zusammenarbeit mit dem Mittelstand erhalten wir nicht nur Werte, sondern steigern diese nachhaltig und stellen zudem auch die Nachfolge des Unternehmens sicher – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Was kann ein Unternehmer in Sachen Vorbereitung auf die Zusammenarbeit mit einem Investor machen?
Die zentrale Frage, die ich mir stellen muss, ist: „Wie soll sich mein Unternehmen entwickeln?“ In Abhängigkeit von der Antwort stellt sich heraus, ob tendenziell eher ein strategischer Investor, wie beispielsweise ein Wettbewerber, oder aber ein Finanzinvestor, infrage kommen. Ein strategischer Investor wird sich in aller Regel das Unternehmen einverleiben und unter eigener Marke fortführen. Das klingt etwas pathetisch, aber sofern ich beabsichtige, dass das „Erbe“ meines Unternehmens, erhalten bleibt, sollte man sich für einen Finanzinvestor als Partner entscheiden. Dieser bringt zwar Veränderungen mit sich, die jedoch in enger Abstimmung mit den Altgesellschaftern erfolgen. Es wird auch nicht „nur“ Geld mitgebracht, sondern wie bereits erwähnt smartes Kapital, also finanzielle Mittel, die mit Kompetenz und Netzwerk gehebelt werden. In diesem Zusammenhang sollte ich mir auch Gedanken darüber machen, welches Finanzierungsinstrument für mein Unternehmen am geeignetsten erscheint. Ist es eine mehrheitliche Beteiligung mittels Private Equity, eine minderheitliche Beteiligung mit Mitteln aus der Bilanz des Finanzinvestors oder eine Private- Debt-Lösung, also eine Fremdkapital-Finanzierung?
Gibt es bestimmte Sektoren, für die sich die DBAG während ihrer Suche nach Investments besonders interessiert?
Ein Blick auf unser Portfolio verrät, dass wir uns für Unternehmen interessieren, die a) in ihrem Markt bereits etabliert sind und b) sich sowohl durch ein hohes Wachstumspotenzial als auch attraktive Produkte und Dienstleistungen auszeichnen. Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass die Unternehmen, mit denen wir uns auseinandersetzen, an dem strukturell bedingten Rückenwind ihres Sektors vollumfänglich partizipieren können. Dies äußert sich beispielsweise im IT-Services und Software-Sektor, der durch die Digitalisierung massiv an Fahrtwind gewinnen konnte, und das bei prosperierenden Aussichten. Daher hat ein von uns beratener Fonds im Juli 2023 die nunmehr siebte Investition unseres Portfolios in diesem von Wachstum geprägten Markt getätigt und sich an AOE, einem führenden Dienstleister für agile Software-Entwicklung mit Fokus auf individuelle Unternehmenslösungen, beteiligt. Ähnlich verhält es sich im Bereich erneuerbare Energien, wo wir uns ebenfalls im Juli letzten Jahres über einen von uns beratenen Fonds an AVRIO Energie, einem der profiliertesten Betreiber von nachhaltigen Energieerzeugungsanlagen, beteiligten. Historisch betrachtet konzentrierten wir uns überwiegend auf Industrieunternehmen, sowohl IndustryTech als auch Industriedienstleister. Dieser Fokus hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und wurde um die Sektoren Breitbandtelekommunikation, IT-Services und Software sowie Healthcare erweitert. Unter geografischen Gesichtspunkten haben wir uns ebenfalls weiterentwickelt und investieren zusätzlich zur DACH-Region auch in Unternehmen mit Sitz in Italien. Die Potenziale des italienischen Markts erkannten wir bereits vor mehreren Jahren. Allen voran, da insbesondere der Norden Italiens über einen substanziellen Anteil an familiengeführten und mittelständischen Unternehmen verfügt wie Deutschland. So haben wir bislang drei neue Beteiligungen in Italien strukturiert und konnten mit PMflex bereits die erste Veräußerung erfolgreich realisieren. Dies unterstreicht, dass unsere strategische Ausrichtung bereits Früchte trägt.